… oder warum ist Klimaschutz und die Erhaltung der Artenvielfalt wichtig?
Bioland hat auf seiner Webseite unter dem Motto Mir ist das Thema Artenvielfalt wichtig, weil … und dem Hashtag #bloggenfürartenvielfalt zu seiner ersten Blogparade aufgerufen. Grund genug, mir einmal etwas mehr Gedanken zu diesem Thema zu machen.
Klimawandel vs. Artensterben
Zunächst einmal muss ich zugeben, dass ich über das drohende Artensterben, die damit verbundenen Gefahren und die notwendigen Maßnahmen die Artenvielfalt zu erhalten in der Vergangenheit nie großartig nachgedacht habe. Sicherlich, das Mammut gibt es nicht mehr. Ob von den Menschen ausgerottet oder auf Grund der nacheiszeitlichen Klimaerwärmung dahingerafft, darüber streiten die Wissenschaftler. Der Tasmanische Beutelwolf, der Auerochse und die Wandertaube sind auch verschwunden, um nur einige Beispiele zu nennen. Aber was soll’s? Das ist alles weit weg – zeitlich wie auch geographisch, betrifft mich erst mal nicht direkt und es gibt ja noch so viele schöne Tiere … ?!?
Deutlich lautloser verschwinden Reptilien, Amphibien, Insekten und Pflanzen. Oder wer hat schon mal was von der Tobias-Köcherfliege, dem Brocken-Mohrenfalter oder dem Hegau-Apollo (um nur einige Insekten zu nennen) gehört?
Um wieviel präsenter ist da doch der Klimawandel. Seit Jahren ständiges Thema in allen Medien. Nicht mehr zu leugnen – außer von ‚ewig Gestrigen‘ und selbsternannten Klimaskeptikern. Und vielleicht nach Jahrhundertsommern und Jahrhunderthochwassern tatsächlich auch zu spüren. Als begeisterter Bergwanderer und Hochtourengeher muss ich nur die Augen aufmachen, um zu sehen, wie die Gletscher schwinden.
Und die Folgen? (Zumindest auf den ersten Blick) viel schlimmer als ‚ein paar‘ verlorene Tier- und Pflanzenarten: Hamburg auf Grund des steigenden Meeresspiegels unter Wasser. Südspanien vielleicht bald eine Wüste. Weltweite Ernteausfälle und Missernten. Millionen und Abermillionen Klimaflüchtlinge. Da mag es auch nicht mehr zu beruhigen, dass dafür in Deutschland mehr und mehr mediterrane Rebsorten angebaut werden können.
Dass ich mit meiner Einschätzung bezüglich der Verankerung im Bewusstsein der Menschen und der (subjektiven) Prioritäten erst mal nicht ganz falsch liege, zeigt die Zahl der potentiellen Suchergebnisse zu verschiedenen Begriffen bei Google:
- Klimawandel: 20.300.000
- Klimaschutz: 15.500.000
- Insektensterben: 752.000
- Artensterben: 691.000
Aber dann jüngst diese verstörende Nachricht: „Dem Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES zufolge sind etwa eine Million von acht Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.“.
Das hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet. Bisher wusste ich noch nicht mal, dass es überhaupt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten gibt, von denen viele noch gar nicht entdeckt und beschrieben wurden.
Wenn man dann noch etwas weiter recherchiert: „Wie Fossilfunde zeigen, gab es in den vergangenen 540 Millionen Jahren 5 mal gewaltige Artensterben. Forscher sehen eine aktuelle, menschengemachte, sechste Welle in vollem Gange.“
Ein Schlagwort, das in Zusammenhang mit den vielfältigen, vom Menschen verursachten Problemen immer wieder auftaucht: Anthropozän, das Erdzeitalter, in dem der Mensch über die Erde bestimmt. Nicht zu deren Bestem.
Gründe für das Artensterben
Als häufigste Gründe für das Artensterben werden genannt:
- Wachstum der Weltbevölkerung
- intensive industrielle Land- und Meeresnutzung
- Wachstum der Städte und der damit verbundene Flächenverbrauch
- Umweltverschmutzung
- Ausbreitung invasiver eingewanderter Arten
- und last but not least der Klimawandel
Folgen für den Menschen
Zu den Folgen für den Menschen findet man erstaunlich wenig Beiträge mit konkreten Informationen. Vor allem zwei Argumente werden immer wieder genannt:
- Verlust von Nahrungsquellen, u.a. weil Insekten für die Bestäubung wegfallen oder die Sortenvielfalt geringer wird.
Und: Aktuell haben gerade mal 30 der mehr als 30.000 essbaren Pflanzenarten signifikante Bedeutung als Nahrungs- oder Futterpflanzen. - Verlust von Potential für neue Arzneimittel – schließlich sind viele gebräuchliche Medikamente pflanzlichen oder tierischen Ursprungs.
Ganz abgesehen davon, dass wir noch gar nicht wissen, welche Schätze zum Beispiel im tropischen Regenwald noch schlummern.
Dass durch den Verlust einzelner Arten ganze Ökosysteme zusammenbrechen können, bleibt dabei oft nur Randnotiz.
Mir kommt dabei immer ein Bild aus China in den Kopf. Darauf sieht man Menschen, die versuchen mit kleinen Pinselchen die Arbeit der Bienen zu übernehmen, in den Obstbäumen sitzen. Verbunden mit dem Zitat, das Albert Einstein zugeschrieben wird: „Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen“ oder ähnlich „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.”
Was können wir tun?
Bevor wir nun als erstes nach Staat und Gesellschaft schreien, sollte vielleicht jeder Einzelne überlegen, was er selbst beitragen kann. Hier einige Beispiele, die nicht nur der Artenvielfalt, sondern der gesamten Umwelt guttun:
- Etwas mehr Unordnung im Garten, also
- eine Blumenwiese statt Rasen pflanzen
- einheimische Blumen und Pflanzen bevorzugen
- Laub und Holzreste (in einer Ecke) liegen lassen
- Insektenhotels und Nistkästen aufhängen
- auf Herbizide und Insektizide verzichten
- Bewusster Konsum, zum Beispiel
- Produkte aus Biolandbau kaufen
- regional und saisonal kaufen
- Umstellung der Ernährungsgewohnheiten – weniger Fleisch, mehr Obst und Gemüse
- weniger (Lebensmittel) wegwerfen – das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Ablaufdatum
- Verzicht – auch wenn es so gar nicht ‚in‘ ist
- mal das Auto stehen lassen und zu Fuß gehen oder das Fahrrad nehmen
- nicht für ein Wochenende zu shoppen nach New York oder zum baden nach Mallorca fliegen
- nicht immer das Neueste und Tollste haben müssen, sei es das Smartphone, das Auto oder sonst was
Eines zumindest ist mir beim Schreiben dieses Artikels klar geworden: Das Thema ist so viel größer und vielschichtiger, als dass man es in einem so kurzen Artikel auch nur annähernd darstellen kann. Deshalb lässt mich mein Beitrag auch etwas ratlos und unzufrieden zurück. Sicher aber ist: Es kann nicht heißen Klimaschutz oder Bewahrung der Artenvielfalt. Beides hängt eng zusammen. Und für beides sollten wir uns engagieren.