Lieblingsgipfel: Heuberg

Gerade mal 1.338 m misst der Heuberg am Eingang in das bayerische Inntal. Und doch erscheint er mir wie ein ganzes Gebirge. Sanfte Wiesengipfel und steile Bergzacken. Liebliche Almen und dunkle Bergwälder mit knorrigen Baumriesen. Massenwanderungen und Bergeinsamkeit. Hier findet jeder sein Glück. Ob auf einer gemütlichen Almwanderung oder beim Sammeln erster Klettererfahrungen.

Am Heuberg beginnt meine ‚Bergsteigerkarriere‘. Schon als 9-jähriger bin ich zusammen mit meinem Stiefbruder von unserer damaligen Ferienwohnung am Samerberg zu den Heuberg-Almen gelaufen. Ausgerüstet mit nichts als einigen Groschen für eine Limo und einem übergroßen Funkgerät, über das wir unserem Vater stolz berichteten, wie weit wir schon gekommen waren. Wie lange wir damals gebraucht haben und ob das Funkgerät oben dann überhaupt noch funktioniert hat, weiß ich heute nicht mehr.

Überhaupt: Wir hatten als Kinder alle Freiheiten. Nach dem Frühstück sind wir losgezogen und haben den ganzen Tag draußen auf den umliegenden Wiesen und in den Wäldern verbracht. Haben Staudämme gebaut und Rehe beobachtet. Und Abends sind wir müde und verdreckt aber glücklich und zufrieden zurückgekommen. In der heutigen Zeit überängstlicher Helikoptereltern kaum noch vorstellbar. Nur einmal hat es Ärger gegeben: Als ich mit meiner kleinen Schwester ohne Bescheid zu geben auf dem Dreirad ‚abgehauen‘ bin, um einen doch nicht ganz so nahen alten verfallenen Gipsstollen zu suchen.

Im Laufe der Jahre bin ich sicherlich an die 20 mal auf den Heuberg gestiegen. Meist alleine, öfters aber auch mit der gerade aktuellen neuen Freundin, die ich versuchte auf diesem Wege für die Berge zu begeistern. Dazwischen immer wieder lange Pausen. Zu langweilig war der kleine Grashuggel geworden. Als junge Erwachsene zog es uns in die weite Welt – oder was wir dafür hielten. Zuerst in den Karwendel, den Wetterstein, die Lechtaler und die Berchtesgadener Alpen. Viel später dann auch in die Dolomiten, die spanische Sierra Nevada oder die Berge der griechischen Inseln und der Kanaren. Und doch bin ich immer wieder zurück gekommen. Nachmittags auf eine kleine Feierabendtour nach der Arbeit oder einfach so, weil es mal wieder an der Zeit war.

Als ich von Silvias Blogparade „Wandern für Anfänger“ gelesen habe, wusste ich sofort, über welchen Gipfel ich schreiben würde.

Standardroute

Einfacher Anstieg, auch für Anfänger und Familien mit Kindern geeignet, Gesamtgehzeit ca. 3 – 3 1/2 Stunden

Der vermutlich bekannteste und beliebteste Weg auf den Heuberg startet am Parkplatz des Berggasthofs Duftbräu am Samerberg. Als Kinder haben wir uns immer über den Namen lustig gemacht. Obwohl wir meiner Erinnerung nach nie zum Essen da waren, dachten wir weniger an die hier erhältlichen bayerischen Schmankerl und das kühle Bier, als an die Hinterlassenschaften der Kühe auf der nahen Weide.

Vorbei an einem kleinen Speicherteich verlassen wir die Straße nach rechts und folgen dem Fluderbach mit seinen Wasserfällen hinein in den Wald. Stetig bergauf passieren wir einige Lichtungen, bevor wir nach etwa einer Stunde mit Hilfe eines Übertritts über den Weidezaun klettern und auf die weite Grasfläche der Heubergalmen (der korrekte Name ist eigentlich Daffnerwaldalm) hinaustreten. Im zeitigen Frühjahr überrascht uns hier ein Meer weißer und lila Krokusse zwischen den letzten Schneeresten. Jetzt heißt es stark sein, um die Tour nicht in einer der beiden bewirtschafteten Almen vorzeitig zu beenden.

War der Weg bisher eher gemütlich, wird es ab sofort anstrengender. Entweder auf den befestigten Steig rechts am Waldrand oder auf den Trampelpfaden direkt über die Wiesen geht es steil bergauf. Nach längeren Regenfällen oder der Schneeschmelze kann dies im oberen Teil eine richtig unangenehm ‚bazige‘ Angelegenheit werden. Durchhalten: Zum Gipfel sind es nur noch wenige Meter.

Trotz der geringen Höhe, die Aussicht, die sich uns bietet ist überwältigend. Im Süden reicht der Blick über den zahmen und den wilden Kaiser bis hin zum Großvenediger, dem Alpenhauptkamm und in die Zillertaler Alpen. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite des Inns, grüßt der Wendelstein mit seiner markanten Sendeanlage. Etwas links davon im Vordergrund die grüne Hochfäche mit den Asten, Deutschlands höchstgelegenen, ganzjährig bewohnten Bergbauernhöfen. Und nach Norden hin öffnet sich das Inntal Richtung Rosenheim. An besonders klaren Tagen ist in der Entfernung sogar München mit dem Fernsehturm zu erkennen.

Nach dem ersten Teil des Abstiegs haben wir uns endlich eine ausgiebige Brotzeit verdient. Gleich zwei Almen sorgen auf halber Strecke für das leibliche Wohl der Wanderer: Die Laglerhütte und wenige Meter weiter die Deindlalm.

Der Rest des Rückwegs entspricht dem Aufstieg. Oder wir wenden uns nach links und folgen dem ausgeschilderten Forstweg zum Parkplatz Schweibern und weiter zum Duftbräu.

Ausführlich beschrieben ist die Wanderung übrigens u.a. im Klassiker ‚Münchner Hausberge‘ von Michael Pause.

Abstecher

Wasserwand

Mit 1.363 m überragt die Wasserwand den Heuberg gerade mal um 25 Meter. Und doch eine ganz andere Welt. Sanft geschwungene Graskuppe hier. Steiler felsiger Kalkzacken da. Der kleine Klettersteig, der auf den Gipfel führt ist denn auch nichts für Anfänger und ‚Flachlandtiroler‘. Mit ein wenig Geschick und Erfahrung lässt sich die Herausforderung aber problemlos meistern. Im Zweifelsfall am Stahlseil mittels Klettersteigset gesichert.

Kitzstein

Eher selten begangen wird der Übergang vom Heuberg zum 1.399 m hohen Kitzstein. Selbst an einem schönen Sommerwochende seid ist man hier meist ganz alleine. Die Schwierigkeiten halten sich in Grenzen. Lediglich zu Beginn ist ein besonders bei Nässe unangenehm rutschiges Teilstück zu überwinden.

Alternativen

Rundweg über die Mailach und Kirchwald

Mein Favorit

Ein schöner, eher unbekannter Weg führt vom Wanderparkplatz Kirchwald oberhalb des Laglerhofes in der Gritschn erst auf einem schattigen Wanderweg und dann weiter auf einer Forststraße hinauf zu den Almen und schließlich auf dem bereits beschriebenen Normalweg zum Heuberggipfel.

Wer nicht den selben Weg zurückgehen möchte und es etwas abenteuerlicher liebt, steigt nun zunächst nach Westen, später nach Norden zum Kindlwandsattel und von dort durch das Wassertal zur Mailach ab. Nun nicht nach rechts in wenigen Metern zurück auf den Anstiegsweg sondern nach links weiter durch den Wald stetig abwärts. Dieses Teilstück wird nur selten begangen und ist oft kaum zu erkennen. Am besten gelingt die Orientierung mit einem GPS-Gerät, bestückt mit entsprechender Karte. Bald treffen wir auf einen Bach und kurz darauf auf eine breite Forststraße, die uns nach Kirchwald, einer kleinen Einsiedelei bringt. Leicht bergan, einem Kreuzweg folgend, geht es zurück zum Parkplatz.

Aufstieg ab Nußdorf

Mir in aller Regel zu anstrengend – einmal reicht

Darf’s noch etwas mehr sein? Dann könnt ihr die Tour auch in Nussdorf am Inn starten und den Heuberg in seiner vollen Höhe besteigen. Da der Ausgangspunkt auf lediglich 480 m liegt, kommen aber schnell knapp 1.000 Höhenmeter zusammen. Und das sowohl im Auf- als auch im Abstieg. Also eher was für ausdauernde Bergwanderer.

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